(dated April 2021)

Eine der peinlichsten Dinge ist es, wenn zwei erwachsene Menschen, die offensichtlich betrunken sind, nicht betrunken wirken wollen und versuchen sich zu unterhalten. Genau das tue ich gerade mit einem Bekannten. Angetrunken schreien wir uns unsere Antworten über den Tisch, so wie andere Teilnehmer der kleinen Zusammenkunft auch.

„Und du machst immer noch deine Ausbildung zur Schauspielerin?“, fragt er mich und blinzelt langsam.

„Mhm, ja“, mache ich.

Es folgt einer meiner Lieblingsfragen: „Undähm, was machst du dann?“

Ich zögere. Für einen Moment möchte ich sagen: „Danach versuche ich zu verstehen wie man solch eine ignorante Frage stellen kann.“, weiß aber ganz genau, dass meine halb gelähmte Zunge den Satz nicht mehr richtig artikuliert bekommen würde und der Zynismus dadurch nicht stark genug herüberkommen würde. Stattdessen runzele ich die Stirn und sage: „Was…ich danach mache…?“

„Ja, also, was du dann genau machst. Also damit. Mit deiner Ausbildung. Ob du dann an ein Theater gehst. Oder so.“

Ja. Oder so. Das trifft es wohl am besten.

Ich leiere herunter, was ich alles in der Schule gelernt habe und was und für den Weg mitgegeben wird; dass man sich an Theatern oder bei Agenturen bewerben kann. Als ich fertig bin, ist es ruhig; man hört nur das Gemurmel der Anderen um uns herum und ich warte auf die Reaktion meines Gegenübers. Dieser starrt mich zusammen mit seinem Sitznachbarn einige Sekunden lang an (oder jedenfalls kommt es mir so vor). Ich fühle mich wie ein exotisches Tier, das gerade zum ersten Mal bemerkt wurde. Die (angehende) Schauspielerin. Eine (angehende) Künstlerin. Was kann sie uns denn neues und tolles aus ihrem künstlerischen Blickwinkel sagen.

Ich kann euch genau hier aufschreiben, was ich euch neues und tolles aus meinem künstlerischen Blickwinkel sagen kann:

Nichts, was ihr nicht auch wüsstest.

Ich bin es teilweise leid so behandelt zu werden, obwohl ich meine Ausbildung noch nicht mal ganz abgeschlossen habe (wie wird das wohl in Zukunft sein?). Künstler*innen und die Kunst an sich ist wichtig; sie ist Teil der Gesellschaft (aber nicht systemrelevant supidupi danke nochmal dafür), trotzdem sollte man sie nicht als etwas Göttliches oder Übermenschliches behandeln. Kreative Leute sind genau so ein normaler Teil der Gesellschaft wie andere auch.

Ja, es ist bemerkenswert wie kreativ einige Leute sind; wie sie nur aus ihrer Fantasie heraus Gemälde oder Schriften entwerfen, kreieren oder erstellen können, aber am Ende des Tages sollten wir genau diese Kreativität in uns selbst suchen und nicht alles einfach mit einem „Ach, er*sie ist eben Künstler*in, bei denen ist das so, aber ich könnte das ja nicht.“ abtun. JEDE*R kann einen Stift in die Hand nehmen und etwas malen. JEDE*R kann einen Satz schreiben, der aus der Fantasie entspringt. Und auch jede*r kann eine Ausbildung in der Bank oder Baubranche anfangen. Es ist nur die Frage, wie intensiv man sich damit beschäftigt und wie inwiefern diese Fähigkeiten sich dann weiterentwickeln (oder ob man überhaupt Bock darauf hat lol).

Um meine Lieblingsfrage also zu beantworten: als Schauspielerin arbeiten (duh) und jeden Tag versuchen meine kreativen Fähigkeiten zu stärken und mich wohler mit ihnen zu fühlen.

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