Bevor ich diesen Eintrag so richtig starte, möchte ich erstmal sagen, dass ich es komplett bescheuert finde über eine gesamte Serie zu urteilen bevor man eben die gesamte Serie gesehen hat, aber da wir das jetzt sowieso alle schon angefangen haben, setze ich mich einfach dazu.
Des Weiteren ist das hier kein Angriff auf Männer. Das Problem an dieser ganzen Sache sind nicht Männer. So wie wir nicht allen Frauen den Job als Hausfrau zuschreiben wollen, wollen wir Männern nicht den Job als Frauenhasser zuschreiben. Das Problem sind eine bestimmte Art von Menschen (größtenteils männlichen Geschlechts, das gebe ich zu), die sich nicht außerhalb ihrer Sichtweise bewegen möchten und deswegen jede kleinste Kritik oder jedes Aufzeigens eines Missstandes als Angriff sehen. Im Weiteren werde ich diese als Idioten bezeichnen. Aber genug der Disclaimer und lasst uns loslegen mit der Zusammenfassung des Problems.
Für alle nicht-Marvel-Fans: willkommen zu einer Fanbase, die, genauso wie die Star Wars-Fanbase, manchmal sehr schwierig ist. Seit dem 18.08.2022 kann man sich die neue Serie She-Hulk auf Disney+ anschauen. Genau genommen eine Folge (was diese ganze Sache, wie eben schon erwähnt, etwas idiotisch macht). Diese eine Folge reicht schon als Spiritus, um das Internet mal wieder in Flammen zu versetzen, denn tatsächlich nimmt sich die Serie raus, realistische Probleme von Frauen wiederzuspiegeln. Um genau zu sein zwei. Zwei Probleme. Zwei Probleme von Frauen werden angesprochen und die Leute sind schon wieder am Abkacken ich fass es nicht alter und ich will auch einfach nicht mehr warum tippe ich das hier eigentlich
In einer Szene steht unser weiblicher Hauptcharakter Jennifer Walters vor einer Bar und wartet darauf, dass sie abgeholt wird. Aus der Bar kommt gerade eine Gruppe von drei Männern, die sie bemerken und ansprechen. Sie fühlt sich sichtlich unwohl, gibt knappe Antworten und geht ein paar Schritte weg, als die Männer versuchen sich ihr zu nähern und nicht aufgeben wollen, mit ihr zu sprechen. Sie sagt Dinge wie „Ich warte darauf abgeholt zu werden“ oder „Mein Freund kommt gleich“.
In der zweiten Szene, wird Jennifer Walters gesagt, dass sie in Zukunft ihr Temperament und ihre Wut kontrollieren muss und dass dies kein leichtes Unterfangen sein wird. Woraufhin sie dies sagt:
„(…) I’m great at controlling my anger. I do it all the time. When I’m catcalled in the street. When incompetent men explain my own area of expertise to me. I do it pretty much every day because if I don’t I will get called emotional, or difficult, or might just get murdered. (…)“
„(…) Ich bin großartig darin meine Wut zu kontrollieren. Ich mache das ständig. Wenn mir auf der Straße hinterhergerufen wird. Wenn mir inkompetente Männer mein eigenes Fachgebiet erklären wollen. Ich mache das eigentlich jeden Tag, denn wenn ich es nicht tue, werde ich emotional genannt, oder schwierig oder vielleicht werde ich auch ganz einfach umgebracht. (…)“
Die erste Szene wird mit „Ach, und jetzt sind alle Männer wieder Vergewaltiger nur weil man mal eine Frau anspricht, oder was?“ kritisiert und wisst ihr… nee. Einfach nee. Wenn dem so wäre, hätten wir dutzende von solchen Szenen gesehen, wahrscheinlich hätten es einige Charaktere sogar gesagt, wenn es tatsächlich so wäre, dass hier irgendeine Agenda gefahren werden soll. Aber dem ist nicht so. Hier wird nur eine Situation gezeigt, in der sich eine Frau unwohl fühlt und vielleicht regt es eben zum Nachdenken an: wenn man das körperlich unterlegende Geschlecht ist und von drei Männern angesprochen wird, überlegt man automatisch, egal ob gefährliche Männer oder nicht, wie man aus dieser Situation rauskommt. That’s it.
Bei der zweiten Sache, werden die Dinge etwas… komplizierter und selbstironisch möchte ich schon fast sagen. Das Gegenargument hier war, dass Hulk, welcher der Gesprächspartner von Jennifer in der Situation ist, ja so viel schlimmeres erlebt hat und Jennifer mal bitte aufhören soll sich zu beschweren. Schließlich habe Hulk die Welt vor Aliens gerettet und mehr als ein Trauma aus der ganzen Sache mitgenommen, während Jennifer ja nur manchmal auf der Straße etwas nachgerufen bekommt, was sie doch einfach ignorieren kann. Und wisst ihr auch hier: nee. Hier wird ein echtes, real existierendes Problem von einer großen Gruppe der Bevölkerung mit einem nicht real existierenden Problem eines nicht real existierenden Charakters verglichen. Selbst wenn Jennifer etwas beschreiben würde, was nicht in der echten Welt vorkommt, dann ist das immer noch ein vollkommen legitimer Grund, den sie da nennt. Einmal etwas hinterhergerufen zu bekommen oder einmal von einem Idioten ein Vortrag gehalten zu bekommen, obwohl man es selbst eigentlich besser weiß, ist noch im Rahmen, würde ich sagen. Es ist etwas irritierend und man regt sich darüber auf, bevor man es vergisst. Aber es geht hier darum, dass das sehr häufig so ist! Das ist das Frustrierende daran! Noch dazu wegen deines Geschlechts, eine Sache, mit der man geboren wird und die eigentlich gar nichts mit der ganzen Situation zu tun haben sollte.
Das Problem, das Frauen überemotional oder zu sensibel oder als „Die hat wohl ihre Tage lol“ abgestempelt werden wiederholt sich genau hier in der Kritik an den Sätzen von Jennifer.
Andererseits kann ich die Kritik einen Hauch nachvollziehen, denn es wäre langweilig, wenn sich dieser fiktive Charakter nur darüber identifizieren würde. Das heißt, sie würde mit jedem Satz irgendetwas in diese Richtung ansprechen, aber das tut sie in der Folge nicht UND AUßERDEM SPRECHEN WIR HIER IMMER NOCH VON DER ERSTEN FOLGE UND NICHT VON DER GESAMTEM SERIE OH MEIN GOTT
Anscheinend können Frauen nur in den seltensten Fälen sich darüber beschweren wie scheiße das manchmal einfach ist, eine Frau zu sein. Am Weltfrauentag ist das vielleicht mal okay, obwohl es hier auch wieder laute Protestschreie gibt, dass andere es ja so viel schlechter haben und sich nicht so angestellt werden soll, aber danach sollen sich die Frauen dann auch wieder bitte beruhigen. Haben die alle kollektiv ihre Tage, oder was?
Die Serie spricht Probleme in der Gesellschaft an. Sie übt Gesellschaftskritik. Ich frage mich, ohne groß What Aboutism betreiben zu wollen, warum die Filme von Jordan Peele, in denen bis jetzt IMMER Gesellschaftskritik versteckt war so abgefeiert werden, während eine fiktive Frau in einer fiktiven Serie nicht mal sagen darf, dass sie es scheiße findet wegen ihres Geschlechts anders behandelt zu werden?