„Ach, ich hab das nur so“, sagt eine Bekannte zu mir, „ich weiß, dass ich auf Tinder nicht den einen treffen werde.“ – „Warum hast du es dann?“, frage ich. „Wirklich nur so, um halt Leute kennenzulernen und zu gucken wer mich nach rechts swiped.“ – „Okay“, sage ich und wende mich wieder meinem Frühstück zu, welches gehaltvoller ist, als diese Konversation gerade.
Tinder „nur so“ zu haben kommt mir komisch und unnötig vor. Ich habe selbst einmal eine solche App genutzt, wollte aber wirklich jemanden kennenlernen. Aber wozu hat man es dann? Nur so? Wenn ich von Frauen höre, dass sie Dating-Apps auf diese Art und Weise nutzen kommt es mir immer nach der Suche nach männlicher Bestätigung vor. Ich will gucken, wer mich nach rechts swiped. Ich will mir nur ein paar Komplimente von Fremden anhören, die mich hübsch finden. Ich will mir mal eben den nächsten Schuss männlicher Bestätigung setzen. Dankeschön, das reicht jetzt auch wieder. Weiter geht’s, bis zum nächsten Mal!
Aber wer hat Schuld an so einem Verhalten? Oder nicht Schuld, sondern eher: wo ist der Ursprung? Warum legen einige Frauen so ein Verhalten an den Tag?
So ein Ergebnis wie meine Bekannte mit Tinder ist, denke ich, nicht unüblich. Wenn man zu wenig Männer im realen Leben trifft, die einem die Aufmerksamkeit geben, holt man sie sich eben auf eine künstliche und erzwungene Art und Weise. Ich vermute, es kommt von gesellschaftlichen Strukturen, die uns schon als kleine Mädchen suggerieren: wenn du wenig oder knappe Kleidung anziehst, bekommst du Aufmerksamkeit von Männern und wenn du Aufmerksamkeit von Männern bekommst, dann bist du hübsch. Und hübsch sein ist wichtig. Wir lernen die Bestätigung von außen zu suchen, anstatt sie in uns selbst zu suchen. Das ist toxisch. Und vor allem ist es schwierig, wenn man es einmal gelernt hat von außen zu bekommen, sich umzustellen.
Warum sonst sind die Body Positivity-Bewegungen so beliebt? Warum sind sie überhaupt für uns Frauen nötig? Weil wir erst einmal lernen müssen uns selbst zu lieben. Ständig gesagt zu bekommen man sei hübsch, wenn man XYZ macht und/oder anzieht macht, obwohl man sich bei diesen Dingen vielleicht eigentlich gar nicht wohl fühlt ist ein Problem, aus dem man erstmal wieder rauskommen muss.
Wir sollten aufhören, unser Selbstwertgefühl an äußeren Einflüssen festzumachen. Natürlich ist es schön ein Kompliment zu bekommen. Sei es von einer*m Fremden oder jemand, der uns etwas bedeutet. Als erstes sollten wir unser Selbstwertgefühl allerdings in uns selbst entstehen lassen. Und dort auch halten.