Ich recherchiere gerade für einen Artikel für das Online-Magazin, für das ich schreibe über verschiedene „prominente“ TV-Show-Teilnehmer und muss mir leider einen Artikel über den diesjährigen „Bachelor“ Dominik Stuckmann durchlesen, als sein Geburtsdatum genannt wird (21. Januar 1992 für alle, die es interessiert) und ich stocke. 1992. Das ist sechs Jahre vor meinem Geburtstag, der Typ ist nur sechs Jahre älter als ich.

Ich rufe schnell einen Liste der Kandidatinnen auf, die damals an der Staffel teilgenommen haben. Fast alle in meinem Alter. Oh mein Gott. Eine ist sogar jünger als ich. Keine Ahnung, was das mit mir genau macht, aber es macht was mit mir.

Ich meine, ich möchte nicht die Präsenz in der Öffentlichkeit mit Erfolg vergleichen, aber… in Zeiten von Instagram und Influencer-Dasein und product placements ist das ja schon irgendwie Erfolg zumindest ein finanzieller…?

Es erinnert mich wieder an die Einstellung unserer Gesellschaft: wenn du mit 25 noch keine Millionärin bist, dann machst du etwas falsch. Erfolg muss schnell kommen und zwar in großem Maße, sonst bist du einfach nur faul! Zum Glück setzt das niemanden unter Druck, vor allem nicht mich.

Wenn ich jetzt alle über einen Kamm schere, dann ist die junge Generation allesamt auf social media präsent und jeder strebt irgendwie eine Followerschaft an. Denn je mehr Follower du hast, desto du mehr Aufmerksamkeit, desto mehr Anerkennung kannst du dir von anderen zusprechen lassen.

Einmal habe ich im Bus ein Gespräch von 14-jährigen mitbekommen, die sich über TikTok unterhalten haben. „Ich hatte mal einen Account, der hatte 20.000 Follower, aber ich hab das Passowort nicht mehr.“, sagte ein Junge und fing sich „Oh“s und „Ah“s von seinen Kameraden ein. Mal abgesehen davon, dass ich glaube, dass das eine Lüge war (iCh HaB dAs PaSsWoRt VeRgEsSeN), es ist doch erschreckend zu bemerken, wie das irgendwie die neue Währung wird: fame im Internet.

Der Autor Scott Westerfield hat mit seiner Buchreihe „Ugly – Pretty – Special – Extra“ in den 2000ern schon die Entdeckung gemacht, in welche Richtung wir uns als Gesellschaft bewegen. Besonders der letzte Teil „Extra“ ist erschreckend nah an unserem jetzigen Zeitgeist dran: die Menschen sind alle im Internet präsent und haben alle einen Score, der beurteilt wie berühmt und cool sie sind. Je weiter unten man steht, desto unbeliebter ist man. Ähnliches spiegelt auch die Black Mirror-Episode „Abgestürzt“ auf Netflix wieder. Außerdem gibt es das doch auch schon in China, oder? So ein „Social Score“? Gruselig.

Ich frage mich, was das alles für Auswirkungen hat, wenn man als junge Person schon so früh mit der Tatsache konfrontiert wird, dass man eine Internetpräsenz haben muss. Was übt das für einen Druck aus? Wie wird vor allem das Bild über sich selbst verrückt?

Denn berühmt zu sein ist doch gut, oder? Viel Aufmerksamkeit bedeutet Zufriedenheit. Wenn du das nicht magst, dass jeder dir ungefragt seine Meinung über dein neues Make Up unter deinen Post schreibt, dann ist etwas falsch mit dir.

Es gibt zahlreiche Beispiele von Kinderstars in Hollywood, die nicht mit der vielen Aufmerksamkeit als Kind zurecht gekommen sind und geradewegs einen Abstieg in die Drogen gemacht haben. Vorwerfen kann man ihnen das nicht. Trotzdem ermutigt uns social media heutzutage genau diesen Weg zu gehen…

Naja, eventuell liege ich auch falsch. Vielleicht hätte ich mich mit meinen 24 Jahren schon in irgendeine oberflächliche Trash-TV-Sendung und mich demütigen lassen sollen, damit ich jetzt eine große Zahl auf meinem nicht vorhandenen Instagram-Account stehen habe. Chance verpasst. Jetzt bin ich bestimmt bald zu alt.

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