Wahrscheinlich werde ich in ein paar Jahren über diesen Vorfall lachen. Eigentlich lache ich jetzt schon darüber, denn das hier liegt schon länger zurück. Doch in dem Moment verursachte es ein ekelhaftes Gefühl in mir: ich bin bestohlen worden. Dramatisch. Ich weiß. Aber es ist wahr.
Ein*e Blogger*in (ich gendere, um das Geschlecht nicht zu enthüllen und die Identität zu schützen) auf dieser Seite hat Sätze aus meinem Beitrag in ihren*seinen eigenen Beitrag übernommen und gab sie als die ihrigen*seinigen aus. Nicht den ganzen Beitrag und ich habe auch kein Problem damit, wenn zwei Leute über das gleiche Thema schreiben, ganz im Gegenteil! Umso spannender, wenn mehr Menschen ihre unterschiedlichen Meinungen und Perspektiven zu dem Thema kundtun.
Zwei Mails schreibe ich, in denen ich höflich und meiner Meinung nach freundlich darum bitte den Beitrag zu ändern, löschen oder auf meinen zu verweisen. Die erste Mail wird mit Ignoranz abgeschmettert, die andere mit einer Antwort: ich solle mir den Beitrag nochmal genau durchlesen, meine „Anneinanderreihung von Wörtern“ habe nichts mit ihr*ihm gemein und ich solle aufhören, sie*ihn zu belästigen.
Nachdem ich diese Antwort gelesen habe, weiß ich nicht, was ich fühlen soll. Mir wird wieder einmal klar, dass es gemeine Menschen auf dieser Welt gibt. Es sind eindeutig meine Sätze, die dort stehen. Ich habe es viermal überprüft, weil ich kurz dachte, ich sei verrückt. Ich kenne die Wahrheit und sie*er auch. Umso schlimmer finde ich ihr*sein Verhalten.
Sie*Er hat den Beitrag jetzt so abgeändert, dass es mich nicht mehr stört und ich möchte mich auch nicht länger damit befassen. Es ist nicht so, dass ich einen wirklichen Schaden davon trage. Klar, es waren immer noch meine Sätze, aber letztendlich ist mir diese Person und deren Blog jetzt egal geworden.
Trotzdem ist mir schlecht. Ein Klumpen liegt in meinem Magen. Meine Gedanken, ein Teil von mir sind angreifbar. Hätte mir natürlich auch klar sein können. Ich meine, wir reden hier immer noch vom Internet. Hier ist alles so fake, wie es nur sein kann. Innerhalb von Minuten kann sich jeder eine neue Identität zulegen und Dinge von anderen einfach klauen. (Wer sagt euch, dass hier nicht eigentlich ein 70 Jahre alter Mann an der Tastatur sitzt und diese Beiträge verfasst!?) Trotzdem habe ich nicht gedacht, dass es auch mir und meinen Beiträgen passieren kann. Klar, man denkt immer, dass es einem selbst nicht passiert…
Ein bisschen graut es mir davor, weitere Dinge zu schreiben. Unsicherheit macht sich in mir breit. Das, was ich in meinem Zuhause auf meiner kleinen Tastatur in meinen kleinen Laptop schreibe, kann mir genommen werden. Einfach so. Ich fühle mich eklig. Nackt. Beraubt, eben.
Ich erwähne diesen Vorfall deswegen, weil diese Erfahrung eine ganz neue für mich ist. Denn tatsächlich ist es erst seit ungefähr zwei Jahren so, dass ich die Sachen, die ich schreibe, auch mit der Außenwelt teile. Vorher habe ich noch nicht mal den Fakt geteilt, dass ich überhaupt schreibe. Auch wenn die Geschichten fiktiv sind, sind sie eben noch ein Teil von mir. Genau wie jeder einzelne Blogbeitrag hier. Einmal habe ich eine Kurzgeschichte geschrieben und meine kleine Schwester fragte in ihrer kindlichen Naivität für wen ich denn diese Geschichte aufschreibe. „Für mich“, antwortete ich und in dem Moment, war das die Wahrheit, doch mittlerweile schreibe ich, um zu teilen.
Ich schreibe schon seit ich ein Kind bin. Geschichten, die ich gelesen habe, haben mich dazu inspiriert, eigene zu schreiben. Entweder ich habe Figuren, die ich schon aus Büchern kannte, genommen und eigene Handlungen mit ihnen gesponnen (also im Prinzip FanFictions, ohne dass ich wusste, was ich mache) oder eben ganz neue Geschichten geschrieben. Mit 19 habe ich angefangen Kurzgeschichten über verschiedene romantische Beziehungen zu schreiben, wahrscheinlich um meine eigenen Erfahrungen zu verarbeiten. Jetzt schreibe ich diesen Blog und an einem eigenen Buch.
Das Schreiben ist eine Waffe für mich. Eine Waffe, um durchs Leben zu kommen. Sie beschützt mich. Wenn etwas in der Realität für mich zu viel ist, wenn eine Situation mich schlichtweg überfordert, weiß ich, dass ich immer in meinen eigenen Kopf flüchten kann, um die Dinge mit meiner Fantasie zu verarbeiten. Sie setzt alles für mich in Perspektive und lässt mich weniger allein sein.
Umso komischer und unangenehmer ist es, zu wissen, dass jemand in mein Geschriebenes hineingegriffen und für sich benutzt hat. Ich denke, wenn man, egal welche Dinge, egal wo, aber vor allem im Internet, von sich preisgibt, macht man sich angreifbar. Trotzdem wird mich diese Verletzbarkeit nicht davon abhalten, hier, aber auch woanders weiter zu schreiben. Denn das Schreiben macht mich vor allem stark.