Hallo! Meine Name ist Johanna und heute werde ich über etwas sprechen, was ich sonst nie tue, weder hier, noch im echten Leben: mein Gewicht.

Vor ein paar Tagen teilte ich mir Süßigkeiten mit einer Kollegin auf der Arbeit. „Mannoman, die sind ja echt süß.“, sagte sie. „Ja“, antwortete ich, „ich habe schon drei gegessen und habe auch schon ein schlechtes Gewissen wegen des ganzen Zuckers.“ Daraufhin sagt sie einen Satz, den ich ABSOLUT NOCH NIE IN MEINEM LEBEN GEHÖRT HABE HAHAHAHAHAHAHAHAHA „Na, Sie können es sich ja leisten.“ Hier ist der Moment, wo ich entscheide, es sein zu lassen, Kommentare über meinen Körper und/oder Gewicht einfach nur wegzulächeln. Ich gucke ihr in die Augen und sage: „Ich bin untergewichtig.“ Ihr Blick geht von verspielt zu „oh shit“.

Denn tja, Leute, tatsächlich ist es so, dass wenn man mit 1,75 m 55 kg wiegt, das nicht so super gesund ist (BMI liegt bei 17.96, was in die Kategorie Leichtes Untergewicht fällt). Ich müsste mindestens zwei Kilo zunehmen, auf 57 kg kommen, das Gewicht halten, um gerade so (!) im Normalgewicht zu sein. Doch hier kommt das Problem: ich kann nicht zunehmen. So gar nicht. Egal, was ich in mich reinstopfe, es wird innerhalb von Millisekunden von meinem Körper verarbeitet und es wird nicht einmal daran gedacht, das Gegessene irgendwie in Fettreserven anzulegen.

Auch wenn ich von außen bestimmt supidupi für fremde Menschen aussehe, im Inneren ist die ganze Angelegenheit für meinen Körper nicht so cool. Wenn man untergewichtig ist, hat man ähnliche gesundheitliche Risiken wie eine übergewichtige Person: höheres Risiko für Schlaganfall und Herzinfakt. Bei übergewichtigen Menschen ist dieses Risiko nochmal höher.

Nehmen wir mal den gesundheitlichen Aspekt raus und konzentrieren uns auf weniger schlimme Probleme: Kleidung. Entsprechend zu meinem Gewicht habe ich auch kleine Brüste, aber trotzdem irgendwie „zu breite Schultern“, zumindest für eine Frau, aber meine Hüfte bzw. Taille ist dann wieder sehr schmal. Mit diesen sich eigentlich widersprechenden Proportionen kann man sich vorstellen wie einfach es ist, Kleidung zu finden, die einem passt. Normalerweise trage ich zwei unterschiedliche Größen: Oberteile sind bei mir meist 38, manchmal sogar 40 und Unterteile liegen bei 36 oder 38.

Ich wollte mir vor ein paar Tagen zwei neue Sport-BHs kaufen, da ich meine schon seit ich 19 bin benutze und nun ja, ich sollte mir nichts mehr vormachen: die Dinger sind so eingelaufen, das reißt bald. Ich meine, das kommt natürlich von meinen dicken Muskeln! Einen Badeanzug für eventuelle Schwimmereien steht auch noch auf meiner Liste. Insgesamt drei Stunden bin ich unterwegs, bin in neun verschiedenen Läden und finde nach endlosem Anprobieren zwei Sport-BHs, die mir passen. Einen Badenanzug suche ich vergebens. In einem Bekleidungsgeschäft probiere ich einen Badeanzug an, der auf dem Bügel richtig schick aussieht, nur als er dann an mir ist, kommt mir ein enttäuschtes „oh“ über die Lippen. Ich sehe aus wie ein Skelett, dem man aus Mitleid auch mal was angezogen hat, damit es sich als Teil der Gruppe fühlen kann, aber eigentlich wissen alle, dass das nicht gut aussieht, vor allem das Skelett, aber jetzt ist es zu spät, es sind schon alle auf der Beach Party und das Skelett bekommt von jedem einen mitleidigen Blick und gelogene „Wow, schick siehst du aus!“ und das Skelett quält sich durch den Abend, aber nachher im Bett wird es enttäuscht mit sich selbst einschlafen sorry, bin etwas abgedriftet.

Natürlich werden jetzt einige denken: Johanna, du Alde, hör auf zu heulen und kauf dir doch einfach einen Bikini, da kannst du zur Not auch zwei verschieden große Teile miteinander kombinieren! Und darüber kann ich nur müde lächeln, denn ja, das habe ich mir auch schon überlegt, aber zurück zu meinen Brüsten (hätte nicht gedacht, dass ich so einen Satz mal tippe): die halten nix. Wenn ich einen Bikini trage und damit ins Wasser springe, kann ich danach nach meinem Oberteil tauchen gehen und das ist sehr unangenehm, glaubt mir, das habe ich schon zweimal gemacht und mich danach nur noch beschämt an den Rand gelegt. Mit Oberteil natürlich! Ich benötige also eine Verbindung zwischen Ober- und Unterteil, damit das eine sich nicht immer verabschiedet.

Neben der frustrierenden Suche nach Schwimm- und Sportbekleidung ist die Suche nach anderer Kleidung auch nicht unbedingt super. Einmal war ich in einem Kleidungsgeschäft und eine Frau, die die gleiche dürre Figur hatte wie ich, fragte mich, wie das Kleid, was sie gerade anprobierte an ihr aussähe. Man konnte ihr ansehen, dass sie zweifelte und diese Zweifel waren berechtigt. Denn das Kleid hatte einen Schnitt, der „nicht für uns“ gemacht war. Ich sagte ihr ehrlicherweise, aber dennoch nett, was ich dachte. Danach hing ich mein Exemplar des gleichen Kleides, was ich mir rausgesucht hatte, wieder zurück.

Bevor sich Leute auf mich stürzen und sagen, dass ich mich nicht so anstellen soll, schließlich habe ich die Körperfigur, die in der Gesellschaft heutzutage am ehesten akzeptiert wird (was sehr abgefuckt ist), das stimmt zwar, trotzdem gibt es anderen nicht das Recht über meinen Körper zu urteilen und solche Kommentare abzugeben. Man kann nicht einfach davon ausgehen, das nur weil ich eine schlanke Figur habe, ich keine Probleme mit meinem Gewicht habe und mich super wohl fühle und es heißt noch lange nicht, dass jeder Mal eben einen Spruch darüber ablassen darf.

Wie oft haben wir mitbekommen, dass Personen, die in der Öffentlichkeit stehen (vor allem Frauen) aufs Härteste wegen ihres Gewichts verurteilt wurden. In Klatsch-Magazinen gibt es ganze Artikel, die sich nur damit beschäftigen, wer diese Woche richtig hässlich und fett am Strand aussah und wer nicht, wer also gesellschaftlich akzeptabel ist und wen wir diese Woche im Kollektiv mobben dürfen. Selena Gomez und Camila Cabello sind zwei Frauen, die nach ihrer Gewichtszunahme mit schrecklichen Kommentaren von Newsportalen, aber auch von anonymen Nutzern im Internet zu kämpfen hatten. Später sagten sie beide in Interviews ähnliches: vorher als sie extrem schlank waren, fühlten sie sich unwohl mit ihrem Körper und als sie sich nicht mehr so stark auf ihr Gewicht fixiert haben, zunahmen, ging es ihnen mental besser. Jetzt so von der Öffentlichkeit behandelt zu werden, obwohl es ihnen eigentlich gut geht, ist natürlich nochmal ein anderer Schlag in die Magengrube.

Vielleicht klingt das auch gerade zu dramatisch und ich sollte mich nicht so darüber aufregen, aber es beschäftigt mich nunmal, dass fast jeder in meinem Leben, egal ob Familie, Freunde oder Kollegen, sich schon mal erlaubt hat einen Kommentar über meinen Körper zu machen und sich nichts dabei denkt. Und dass wir Personen des öffentlichen Lebens fertig machen, wenn sie nicht das schöne unerreichbare Vorbild sind, das wir alle anstreben aus Gründen, die wir uns noch nicht einmal selbst erklären können. Das Körpergewicht ist eine sehr intime Sache für jeden von uns. Denn was, wenn ich eine Essstörung habe und mich zum Beispiel übergebe, um mein Gewicht zu halten? Dann würde mich dieser Kommentar meiner Kollegin nur noch bestärken.

Point is: egal welche Körperform, welches Körpergewicht dein Gegenüber hat, solange du nicht zum innersten Freundeskreis dieser Person gehörst, solltest du deinen Kommentar für dich behalten, vollkommen egal, in welche Richtung er geht. Sollte die Person wirklich ein gesundheitliches Problem mit ihrem Gewicht haben, dann werden die Leute, die ihr nahe stehen, schon ihre Bedenken äußern, weil sie dazu berechtigt sind, sich als Angehörige Sorgen zu machen.

Denken kann man vieles und das ist auch in Ordnung. Geht niemanden etwas an, was in deinem Kopf ist, aber lasst unsere Art und Weise miteinander umzugehen etwas netter gestalten. Und nicht das Gewicht des Gegenübers einfach so verurteilen, egal ob positiv oder negativ. Anstelle von „Hey, hast du abgenommen? Gut siehst du aus!“ können wir einfach „Gut siehst du aus!“ sagen.

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