Wenn man unsere heutige Generation, zu der ich auch gehöre, betrachtet, so fallen einem allerhand komische Vorkommnisse auf. Zum Beispiel, dass es eine zeitlang (oder vielleicht auch immer noch) Livestreams auf TikTok gab, in denen angezogene Frauen ihr Gesicht filmten und so taten, als hätten sie Sex. Dabei machen sie nur die Bewegung, kein Gestöhne, gar nichts. Die Konversation beschränkt sich nur auf die Zuschauern: „Hey, danke für die kleine Spende.“ Und wir fragen uns natürlich gerade alle, was das soll. Ich denke, dass es die Einsamkeit ist, die uns einholt.

Das Internet hat uns viele tolle Dinge gebracht: memes, Austausch mit Menschen aus aller Welt, kreatives Ausleben eines jeden einzelnen. Allerdings sind auch ein paar Nebenwirkungen aufgetaucht. Neben den üblichen Kandidaten wie Verbreitung von immer extremer werdendem Gedankengut oder ganz komischen Leuten (LOL), verändert das Internet auch unsere Verhaltensweisen im realen Leben.

In den letzten Jahren hat sich ein Teufelskreis gebildet. Weil sowieso das meiste schon online stattfindet, interagieren wir weniger im realen Leben, verlernen immer mehr das Zwischenmenschliche zu deuten, tatsächliche Interaktionen im realen Leben haben ein unangenehmes Resultat, was dazu führt, dass wir weniger miteinander im echten Leben miteinander interagieren und immer so weiter. Dieses Phänomen ist nicht plötzlich gekommen, sondern zeichnet sich seit den letzten Jahren immer mehr ab und wird, meiner Meinung nach, schlimmer werden.

Aber man muss ja auch gar nicht wirklich im echten Leben miteinander reden, das geht ja auch ganz einfach über diverse Apps, Messenger, dieser Kram, also alles easy. Nein, das ist auch keine Lösung, doch lasst mich ein Beispiel geben.

Meine Freundin auf Weltreise hatte teilweise sehr seltsame Begegnungen mit Männern. Sie lernte diese über Dating-Apps kennen, war nur auf einmalige Treffen aus und hat das von Anfang an sehr klar kommuniziert. Trotzdem haben viele ihrer Dates beim ersten Treffen von großer Liebe gesprochen. Ein Typ ging sogar so weit, direkt über Heirat, Haus und Kindern zu reden. Natürlich kann man diese einzelnen Männer nicht auf die ganze Menschheit übertragen, aber es zeigt eben doch zwei Dinge:

1. nur weil eine Interaktion, die vorher übers Internet stattgefunden hat, positiv verlaufen ist, muss sie nicht auch im echten Leben toll sein.

2. Diese Männer hatten wahrscheinlich lange nicht mehr eine schöne Begegnung (mit einer Frau) und dann als sie endlich wieder eine haben, reagieren sie über.

(und Nr. 3 als Bonus: meine Freundin ist einfach eine Bombenfrau! 😉 )

Und so kommt es zum Teufelskreis und so kommt es zu den Folgen dieses Teufelskreis‘: nämlich Einsamkeit. Wir sind ausgehungert. Wir brauchen die direkte menschliche Nähe dringend, wir sind eben soziale Wesen, doch wissen nicht wo und wie wir sie sonst bekommen sollen, wenn unsere Interaktionen im echten Leben eher peinlich verlaufen. Egal ob man in dem Beispiel meiner Freundin Mann oder Frau ist. Also wenden wir uns wieder an das Internet. Wir gehen auf OnlyFans und zahlen Geld für eine Interaktion mit einer schönen Person. Auf OnlyFans sind Creator/-innen am beliebtesten, die auf persönliche Wünsche eingehen. Diese müssen dabei noch nicht mal besonders sexuell sein. Es geht hauptsächlich um die Aufmerksamkeit; um das Gefühl beachtet zu werden.

Wir schauen uns Livestreams an, in denen eine Person eine Serie schaut und schauen mit, um uns so fühlen zu können, als würden wir das zusammen gucken. Wir hören Podcasts, um uns als Teil einer Konversation zu fühlen.

Schaut mal auf der Straße, wie viele Leute mit ihren Kopfhörern in den Ohren rumlaufen. Musik (oder Podcasts) zu hören ist nichts schlimmes, aber wir schotten uns automatisch von der Außenwelt ab und machen uns einsam, denn nur wir können die Musik in dem Fall hören. Ich kenne viele, die fast ständig ihre Kopfhörer in den Ohren haben, auch wenn sie mit Freunden und/oder Familie unterwegs sind und wenn es auch nur ein AirPod oder EarBud oder was auch immer in einem Ohr ist. Warum eine Seite von dir selbst abschotten und den Menschen um dich rum nur die Hälfte von dir selbst geben? Haben sie es nicht verdient deine volle Aufmerksamkeit zu haben? Willst du nicht eigentlich Zeit mit ihnen verbringen, wenn du schon hier bist?

Klar, manchmal möchten wir auch allein sein, und das ist vollkommen in Ordnung, auch das brauchen wir. Allerdings sollten wir uns fragen: schotte ich mich gerade von der Außenwelt ab, weil ich es möchte (und wenn ja, aus welchen Gründen?) oder weil ich es so gewohnt bin und es immer so mache? Sind wir schon so daran gewöhnt uns mit uns allein zu beschäftigen, sodass wir gar nicht mehr wissen, wie das andere eigentlich „richtig“ geht?

Vielleicht machen wir diese Dinge aber auch, um uns abzulenken. Von allem. Und eben von der Einsamkeit.

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