„Und das ist doch eine toxische Beziehung, oder?“, fragt mich meine Kollegin, nachdem sie mir ihre Beziehung geschildert hat, welche die Definition einer toxischen Beziehung beschreibt.

Ich nicke und stelle eine Schüssel zurück ins Regal. Ich werde sie wohl doch nicht kaufen. Stattdessen wende ich mich an meine Kollegin: „Warum machst du dann nicht Schluss?“ Sie verdreht die Augen, als hätte ich gerade gefragt, warum man den Weltfrieden denn nicht mit gemeinsamer Meditation herbeiführen könnte.

„Weil das seine Gefühle verletzt!?“

„Bitte was!?“, entfährt es mir und ich lasse das T-Shirt, was ich gerade wieder ordentlich zusammenlegen wollte, fallen. Ich bin entsetzt.

„Kollegin, du hast gerade gesagt, dass du unglücklich bist. Und das schon eine ganze Weile. Und dass von ihm keine Reaktion kommt.“ Ich nehme wieder das T-Shirt hoch.

„Ja“, antwortet sie verlegen, „aber wenn ich mich anstrenge, dann kann ich es reparieren und dann wird alles wieder so perfekt wie am Anfang.“

In diesem Moment würde ich das T-Shirt am liebsten nach ihr schmeißen wollen. Aussagen wie diese machen mich unglaublich wütend. Eine Frau, die mit einem Mann zusammen ist und das Gefühl hat verpflichtet zu sein, die Beziehung oder noch schlimmer: den Mann himself retten zu müssen. Was für ein Scheiß.

Diese Situationen gibt es schon seit langem. Und die Medien und die Erwartungen der Gesellschaft machen es uns nicht einfacher etwas anderes zu glauben.

Ein sehr bekanntes Beispiel war vor einigen Jahren Ariana Grande, die sich von Mac Miller getrennt hatte. Mac Miller leidete an einer Drogensucht, an der er letztendlich auch starb. Als sich die Sängerin von ihm trennte, wurde „kritisiert“, dass sie nicht weiter mit ihm zusammen blieb und ihn versuchte aus seiner Drogensucht zu befreien. Ariana Grande wies diese Vorwürfe, zu Recht, von sich ab und sagte einen Satz, den ich meinen Freundinnen und mir immer wieder ins Gedächtnis rufen muss:

„(…) I’m not a babysitter or a mother and no woman should feel that they need to be. I have cared for him and tried to support his sobriety & prayed for his balance for years (and always will of course) but shaming/blaming women for a man’s inability to keep his shit together is a very major problem. Let’s please stop doing that. (…)“

„(…) Ich bin kein Babysitter oder eine Mutter und keine Frau sollte das Gefühl haben, das sein zu müssen. Ich habe mich um ihn gesorgt und versucht seinen Entzug zu unterstützen und für seine Balance gebetet (und werde es immer noch weiter tun) aber Frauen dafür verantwortlich zu machen, dass ein Mann seinen Scheiß nicht zusammen hat ist ein sehr großes Problem. Lasst uns bitte damit aufhören. (…)“

Natürlich möchte man die Beziehung, egal ob Freundschaft, romantisch oder alles dazwischen, nicht beenden. Denn es fühlt sich an, als würde man aufgeben. Als wäre man nicht gut genug, die Beziehung oder die andere Partei zu ‚retten‘. Das ist verständlich. Aber lasst uns bitte für einen Moment logisch denken:

Wenn in einer Beziehung nicht beide Parteien akzeptieren, dass es ein Problem gibt und aktiv versuchen wollen daran zu arbeiten, sondern nur eine Partei, dann kann es die einzelne Partei gleich lassen. So deprimierend das auch klingt. Aber es wird nichts bringen, wenn eine Partei versucht, die Arbeit für zwei zu erledigen. Vor allem, wenn es dabei um Dinge wie Veränderung am eigenen Selbst geht.

Am Ende des Tages ist jeder für seine eigene Scheiße verantwortlich. Wir sollten die Verantwortung, die wir uns selbst gegenüber haben, nicht auf jemand anderen übertragen. Und wir sollten aufhören, uns Aufgaben anzueignen, die nicht unsere eigenen sind. Auch wenn der andere vielleicht darauf drängt. Das Glück eines anderen ist nicht die Verantwortung von einem selbst.

PS.: hier findet ihr ein sehr gutes Video über Beziehungen von JaidenAnimations auf YouTube, ist allerdings auf Englisch: https://www.youtube.com/watch?v=4H9jTQKmR3Q

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